Donnerstag, 9. August 2018

KONSUM & HO

Die Handelsketten der DDR: KONSUM und HO (Handelsorganisation). Wohl keine öffentlichen “Institutionen“ habe ich als Kind so oft aufgesucht, wie diese. Und davon gab es in unserer Kleinstadt im Vergleich zu heute viele. In wirklich jeder Straße, war sie noch so wirtschaftlich ungünstig gelegen, gab es einen “Tante Emma-Laden“, zumindest einen Bäcker. Noch heute kann ich bei einem Spaziergang durch den Ort über die nach der Wende zu Wohnraum oder Leerstand umfunktionierten Geschäfte Auskunft geben. Ich kenne noch die Läden beim Namen, ihr Angebot, habe die Gesichter der damals noch jungen Verkäuferinnen vor Augen. Nichts davon ist geblieben.


Schon früh hat Mama uns zum Einkaufen mitgenommen. Ein paar Schritte von unserem Haus gab es den “Tempo“. Ein Geschäft des täglichen Bedarfs, welches den leckersten Fleischsalat (damals per Waage in Papier abgefüllt) im Sortiment hatte. Auf dem Weg zum Garten flankierte man gleich zwei KONSUM-Verkaufsstellen, einen Bäcker und einen Fleischer. Hier deckten wir uns mit allem Nötigen für schöne Stunden im Grünen ein; für Papa wurden ein, zwei Flaschen Bier gekauft.


Früher stand uns Kindern nicht viel Geld zur Verfügung. Wir bekamen ab und zu etwas Taschengeld, lieferten Altstoffe ab, brachten leere Bier- und Limoflaschen umgehend zum Konsum oder wurden von Oma mit ein paar Mark bedacht. Und trotz Mangelwirtschaft gab es immer etwas, was sofort und uuunbedingt käuflich erworben sein musste. Das Gros meiner Barmittel ging natürlich für Süßigkeiten drauf, hier konnte man ab 10 Pfennig fündig werden.


Und dann kam die Qual der Wahl: Kaufe ich mir Lack- oder Abziehbilder in einem der beiden Schreibwarengeschäfte? Einen Kinderring mit Glitzerstein in einem der Uhrenläden? Eine kleine Püppi für die Puppenstube im Spielzeuggeschäft “Flax und Krümel“? Lätzchen, Babysocken oder Windeln für meine Babypuppe im großen Kinderkaufhaus? Hübsche Kindertaschentücher im noch größeren Kaufhaus für Konfektion, Kurzwaren und Trikotagen? Zopfhalter für die nicht vorhandenen langen Haare in der Drogerie? Oder ließ sich etwas Schönes im “Lampenladen“ (hier gab es von Technik, Tonträgern, Töpfen, Geschirr und Glas alles für das Zuhause) oder “Tausend kleine Dinge“ ergattern. Mama hat es irgendwann aufgegeben, mir eine Spardose aufzubürden; ich brachte es einfach nicht fertig, das Geld ungenutzt in deren Tiefen zu versenken.


Ein Anblick vergangener Zeiten: Das Schaufenster eines Spielzeuggeschäftes.


Das letzte heute noch erkennbare Geschäft in meiner Heimatstadt aus Kindertagen: der “Treppen-Konsum“. Früher ein Anbieter des täglichen Bedarfs, von Lebensmitteln, Obst und Gemüse, bis zum Getränkemarkt auf der Rückseite des Gebäudes, heute eine abgespeckte Version im Bio-Segment. Der Laden hat seinen Namen der imposanten Eingangstreppe zu verdanken. Niemand hat sich damals gekümmert, wie wohl gebrechliche oder behinderte Menschen das Innere des Geschäftes erreichen könnten. Und für die, die es so gar nicht nach “oben“ schafften, stand im Sommer links neben der Treppe ein wunderschöner Eiswagen, an dem man für ein paar Pfennige eine Kugel Eis aus großen blauen Isoliergefäßen in die Muschelwaffel serviert bekam.


(Für dieses Eis muss man mittlerweile weit fahren... in das DDR-Museum Dabel.)


Nun habe ich mich nicht getraut, dieses Ensemble auch noch am “Treppen-Konsum“ für ein Foto zu platzieren (ich hätte mir wohl die Frage meines Gemütszustandes durch die Bevölkerung gefallen lassen müssen...), aber auch das war ein typisches Bild in der Einkaufswelt der DDR. Niemand ist damals auf die Idee gekommen, den Kinderwagen samt Inhalt mit in den Laden zu nehmen. Stattdessen wurde er hübsch ausgerichtet vor dem Haus geparkt, die etwas unruhigeren Geister waren mit einem Geschirr an den Wagen gekettet.


Der “Intershop-Blick“!
Der Intershop war bekanntermaßen ein Anbieter westlicher Waren in der DDR, der auch in unserer benachbarten Kreisstadt ansässig war. Gegen sogenannte Forumschecks konnte man dort die bunte Kosumwelt der BRD erwerben. Nur hatten wir diese so gut wie gar nicht und mussten uns mit dem Vergnügen des Gucken und Riechens begnügen.