Sonntag, 5. Dezember 2021

Tausend Sterne sind ein Dom

 Welch schönes Lied zur Weihnachtszeit! Ich habe es bis vor ein paar Jahren gar nicht gekannt, bis mein Bruder, erfüllt von höchstweihnachtlichen Eindrücken von seiner alljährlichen Reise nach Dresden, diese Komposition aus dem Jahre 1946 mit nach Hause brachte. Mein Bruder verbringt seit Jahren die Zeit um den Heiligen Abend in Dresden. Alleine. Für ihn ist es eine seelische Offenbarung, jedes Jahr aufs Neue. Dank diesem immer noch wütenden C-Virus ist es ihm jedoch auch in diesem Jahr zum zweiten Mal nicht vergönnt...

So steht uns wieder ein Weihnachtsfest im Kreise der ganzen Familie ins Haus. Was mein Bruder zerknirscht erdulden muss, erfreut seine Kinder, unsere Eltern und auch mich doch sehr; er wird es überleben. 

Im vergangenen Jahr musste unsere Familie von acht lieben Menschen Abschied nehmen; es scheint kein Ende nehmen zu wollen... Die heile Welt verliert so langsam ihre Unschuld. So schätze und genieße ich das Beisammensein und auch Zusammenrücken derer, die mein Leben begleiten, um so mehr. 

Gerade zu dieser Zeit nimmt man all die Dinge, die einem schmerzlich vor Augen führen, dass das Leben auch mit Verlust in jeglicher Hinsicht einhergeht, um einiges emotionaler wahr. Da ist es gut und heilsam, sich der schönen Erinnerungen zu bedienen, die einem niemand nehmen kann und liebe Menschen ewig leben lässt.

Wenn es auch gerade wenig zu feiern gibt, genießen wir die schönen Momente, die sich bieten und bieten werden. Lassen wir all unsere Begegnungen und Erinnerungen an unserem Leben teilhaben und sie damit unsterblich machen!

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Diese Puppe hat mir Gudrun, meine Cousine, gerade erst zum Geburtstag geschenkt. Sie hatte sich dieses Puppenmädchen auf einer Irland-Reise gekauft und ihr all die Jahre ein Zuhause gegeben. Nun ist Gudrun vor drei Tagen von uns gegangen. 

Deine Puppe werde ich in Ehren halten, Gudrun!


Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!

Samstag, 30. Oktober 2021

1000 kleine Dinge

 ...machen erst das Leben schön... So beginnt ein alter Konsum-Werbefilm aus den 60er Jahren der DDR. Er bewirbt eine Produktpalette, die im Alltag unentbehrlich war. Dazu gehörten Haushaltswaren, Nägel und Schrauben, Knöpfe und Töpfe, einfach all die Dinge, die in einem gut geführten Heim nicht fehlen durften.

In meinem Heimatort gab es gleich zwei solcher Geschäfte, nur eines war jedoch unter dem Namen "1000 kleine Dinge" geläufig. Eine Art Urform des Baumarktes, in dem es auch Fahrräder und Kinderwagen zu kaufen gab. Dieses Geschäft befand sich in einem schon damals abrissreifen Altstadthaus, welches all die Nägel und Schrauben aus dem Sortiment selbst am nötigsten gebraucht hätte.... Es steht noch heute...

Nun habe ich mir in den letzten Jahren im Rahmen meiner Sammelwut für Spielzeug und Alltagsgegenstände aus der DDR ein kleines "Nebenbei-Hobby" zugelegt. Kaufmannsläden! Einst von Kindern begehbare Mini-Geschäfte, die ich mit all den Dingen aus vergangenen Zeiten bestücke, meinen 1000 kleinen Dingen.


Gänzlich unbescheiden (...) könnte ich mich als Besitzer mehrerer gut sortierter Handels-Einrichtungen profilieren. Es gibt eine Apotheke, ein Schreibwarengeschäft, einen Konsum mit Waren des täglichen Bedarfs, eine Drogerie, ein Schokoladengeschäft und neuerdings auch einen Intershop! Hätte ich mehr Platz, würde ich weiter expandieren... 



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So bin ich weiter unterwegs und angetrieben, all die Dinge, welche einst unser Leben mehr oder weniger begleiteten, zu erwerben, zu sammeln und in Szene zu setzen; es macht einen Heidenspaß und versetzt jene, denen ich alles zeigen kann, wie auch mich stets in freudige N(O)stalgie.


Dienstag, 7. September 2021

Kein schöner Sommer

 Eigentlich sollte dies mein letzter Eintrag in diesem Blog sein; habe das Verfassen so einige Wochen vor mir hergeschoben. Zunächst war ich eigentlich nur sauer, dass der Anbieter dieser Plattform ohne Ankündigung bzw. Vorwarnung so einfach mein kleines Gästebuch samt Inhalt entfernt hatte (künftig solle man für die Bereitstellung bezahlen...). Ich hatte all die lieben Worte nicht einmal für mich sichern können. 

Dann musste ich mich im Juli von meiner  sanftmütigen Wegbegleiterin Boogie verabschieden. Allein der Gedanke im Vorfeld, sie irgendwann verlieren zu können, hat mir stets Tränen in die Augen getrieben; nun war es soweit, trauriger, als befürchtet. Boogie war am Ende so schwer erkrankt, dass ich sie gehen lassen musste. Ich habe sie bis zur letzten Sekunde ihres Lebens begleitet, meine treue Samtpfote ist in meinen Armen eingeschlafen. 

So konnte ich diesem Sommer herzlich wenig abgewinnen. Selbst das Wetter zeigte sich solidarisch. Aber es gibt liebe Menschen, die einen aus der kleinen unheilen Welt herausholen. Liebe Worte von und mit Gleichgesinnten sowie ein wunderschöner Urlaub im Thüringer Wald ließen mich auf andere Gedanken kommen. Es ist mit jedem Tag ein bisschen besser geworden. 

Genug Trübsal geblasen. Am Ende sind es all die schönen Erinnerungen, die uns auf dem Lebensweg so vertraut begleiten, die uns niemand nehmen kann! Und ist es nicht der Ursprungsgedanke dieses Blogs gewesen, die Erinnerungen hochzuhalten? In diesem Sinne lasse ich ihn noch bestehen. So lange, wie es noch Anekdoten zu erzählen und mit Puppen bebilderte Geschichten zu zeigen gibt, oder er irgendwann der Löschung  durch den Anbieter dieser Plattform zum Opfer fällt.

Sonntag, 13. Juni 2021

Kundi

 Kundi war der "Gesundheitsapostel"aus dem Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Bewaffnet mit einem Zauberfernrohr hatte er stets gesundheitliche Verfehlungen der DDR-Kinder im Blick und warb um Einsicht und Wohlverhalten.

Das kleine Männchen fand man seit Ende der 50er Jahre in Zeitschriften, Trickfilmen, Kalendern und in Form verschiedenster Werbeartikel. Die Wende hat Kundi dann nicht überlebt. Seine Überwachungsmethoden und der sogenannte Blick durchs Schlüsselloch hätten eine Verbindung zur einstigen Staatssicherheit der DDR assoziieren lassen, was meiner Meinung nach an Hysterie grenzt.

So habe ich mir meinen eigenen Kundi geschaffen, welcher im Folgenden auf das Fehlverhalten junger Erdenbürger hinweist. Könnte auch heutzutage noch für einige von Nutzen sein...


"Lässt man im Garten mal die Harke liegen,
siehst bald schon Du die Sterne fliegen!"


"Lief beim Schwimmenlernen etwas schief,
ist selbst der Gartenteich zu tief!"


"Was der Kundi gar nicht rafft,
wenn irgendjemand Tabak pafft!"


"Tritt tollkühn man in die Pedalen,
muss er mit Zahnverlust bezahlen!"


Eigentlich schade, dass es dieses Maskottchen nicht mehr gibt, zumal sich das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden bis heute großer Beliebtheit erfreut. Aber so erging es letztendlich allen Maskottchen aus der DDR: Dem Minol-Pirol, dem Leipziger Messemännchen, dem IGA-Florinchen, dem Tele-Lotto-Männchen, und, und, und. 

Sonntag, 25. April 2021

Die Kleine muss zur Kur!

 Es war im März 1984. Gerade erst waren wir aus der Mietwohnung des komfortabelen 6 WE (Wohneinheiten) in das Elternhaus meines Vaters gezogen, da wurde ich erneut schonungslos aus meiner Behaglichkeit gerissen.


Wie schon mehrfach erwähnt, sorgte sich der Staat DDR allumfassend um das gesundheitliche Wohl seiner Bürger; und dass von Anfang an. 


Mehr oder weniger engagiertes medizinisches Fachpersonal gab sich in der Schule die Klinke in die Hand. Angefangen mit Gemeindeschwester Anita, die unsere Köpfe in regelmäßigen Abständen nach Läusen und Nissen absuchte (und auch fündig wurde...),  über den gefürchteten Zahnarzt, bis zum Allgemeinmediziner, der unseren gesundheitlichen Zustand im Auge hatte. Letzteren habe ich den vierwöchigen Aufenthalt im Kinderkurheim "Markower Mühle" zu verdanken.


Als Kind war ich doch eher schmächtig, um nicht zu sagen klein und dünn. Meine Klassenlehrerin betitelte mich gar als Klassenmaus. Dies blieb auch der Weißkittelfraktion nicht verborgen, so dass diese mir im besagten Jahre 1984 die verpflichtende Empfehlung einer Kur aussprach. 


Ausgestattet mit eben dieser Empfehlung, einer ellenlangen Inhaltsliste für den zu packenden Koffer und der Bekanntgabe der Heilanstalt, präsentierte ich alles meinen Eltern mit der Bitte, mich um Gottes Willen bloß nicht ziehen zu lassen.


Aber es half nichts. An einem sonnigen Tag im März 1984 fand ich mich auf dem Busbahnhof unserer Kreisstadt wieder. Außerhalb der gängigen Haltestellen war ein Bus eigens für eine Vielzahl an Kindern gebucht worden, die im Gefolge ihrer Eltern Abschied für ganze vier Wochen nehmen mussten. Meine Kindergarten- und Schulfreundin Liane war zum Glück auch unter den zu therapierenden Hungerhaken; ich hätte sonst bestimmt spätestens jetzt die Flucht gen Heimat angetreten. Meine Angst vor Fremden und dem Unbekannten schlug in totale Verweigerung und Heimweh um. Der Abschied von meinen Eltern fiel unsagbar schwer. Hier habe ich meinen Vater das erste Mal weinen sehen; dieses Bild sollte mich die nächsten Wochen begleiten.


Nach einer gefühlten Ewigkeit, kamen wir irgendwann in der "Aufpeppelungs-Anstalt" mitten in einem Wald an. Eigentlich hatte ich mit einem dieser unterkühlten DDR-Bauten gerechnet, aber hier lud eine alte, zum Zwecke umgebaute Wassermühle die ankommenden Kinder ein. Kaum zu glauben, dass hier an die vierzig Kinder Unterschlupf fanden. Das Gebäude und die Lage desselben müsste heute Immobilienmaklern die Augen zum Leuchten bringen...


Auf der Eingangstreppe des Hauses empfingen uns die Heimleiter, ein Ehepaar mittleren Alters, die sogleich bei mir unten durch waren. In typischer Drill- und sozialistischer Erziehungsmanier erklärten sie uns im Schnelldurchlauf das Programm der nächsten vier Wochen, gepaart mit all den Verordnungen und Verboten, dass einem die letzte Lebensfreude abhanden kam.


Es begannen für mich die schlimmsten Wochen meines bisherigen Lebens. Einem durchgetakteten Tagesablauf folgend, gewann man schnell den Eindruck, was Lager- oder Kasernenleben bedeuten könnte. In aller Frühe wurden wir unsanft geweckt, um bei Eiseskälte dem Frühsport zu fröhnen. Anschließend Morgentoilette ohne Privatsphäre im Waschsaal, Frühstück, Schule, Mittag, Mittagsschlaf, Kaffee, Ernährungs- und Gesundheitslehre, Abendbrot, Abendtoilette, ab ins Bett. Tag ein, Tag aus. Nur einmal ging es ins Kino der Kreisstadt; gezeigt wurde ein Kriegsfilm mit Untertiteln aus der Sowjetunion...


Ich habe in dieser Zeit erfahren müssen, dass der einzelne Mensch im System nicht viel galt. Einige Kinder hat es vor Heimweh schier zerrissen. Die unterkühlte Art der Erzieher, der Zwang, allen Vorgaben zu folgen und der fehlende Kontakt zu den Lieben daheim (in der DDR gab es bekanntermaßen kaum Privattelefone), ließen bei einigen von uns den Erfolg einer Therapie ins Gegenteil umschlagen.


Hatte ich mir in den ersten Nächten die Augen vor lauter Heimweh ausgeheult, schlug meine Stimmung mit der Zeit in Gleichgültigkeit und Verweigerung um, zählte dann alsbald die Tage, bis dieser Spuk hier vorbei sein würde. Eines der Kinder war währenddessen heimwehbedingt vorzeitig nach Hause geschickt worden, ein anderes, weil es sich der Zwangsernährung widersetzt hatte.


Diese Kur hatte bei mir auf ganzer Linie versagt. Nahm ich anfangs gar an Gewicht ab, waren es am Ende 800 Gramm, die ich zusätzlich auf die Waage brachte. Vieles, was uns zwanghaft zum Essen gereicht wurde, nehme ich bis heute nicht zu mir. Menschen, die mir ihren Willen aufzwingen wollen, verabscheue ich. 


Mein Fazit aus dieser Geschichte: Über Kinder sollte man nicht verfügen. Auferlegter Zwang kann nicht von Erfolg gekrönt sein. Ich bin später von ganz alleine größer und gewichtiger geworden. Zum Ende der Schulzeit war ich die zweitgrößte der Klasse, na und das mit dem Gewicht... Zumindest nimmt man mir die Klassenmaus heute nicht mehr ab...

Dienstag, 30. März 2021

Ostern 2021

 Na, wer hätte das gedacht!? Ein weiteres Hochfest in Folge, welches wir unter dem zermürbenden Einfluss eines Virus verbringen müssen. Seit über einem Jahr setzen wir uns nun mit der Angst vor Krankheit und Verlust auseinander, ertragen vielfache Einschränkungen, üben uns in Geduld, hoffen und bangen.


Konzentrieren wir uns also auf die schönen Dinge, die uns geblieben sind! 


Der Frühling ist da! 

Draußen erwacht die Natur und schert sich wenig darum, was uns Menschen gerade bewegt. Es zwitschert und piepst an allen Ecken, Blumen recken ihre Köpfchen in die wärmer und länger scheinende Sonne und: Ostern steht vor der Tür!


Wie in jedem Jahr wird alles fein geschmückt. Die welk gewordene Herbstbepflanzung wurde gegen bunte Primeln und Hornveilchen ausgetauscht, nicht weniger bunte Eier in den noch jungen Hausbaum gehängt, frisches Birkengrün ins Haus geholt und eine Schar von Hasen, Küken und sonstiger Osterdekoration aufgestellt. 


Wenn auch nicht in großer Runde, wird es wieder ein Osterfeuer geben. Ganz gemütlich im Kreise der Familie, mit einer Bratwurst am Stock und gediegenem Osterwasser.


Auch wenn wir längst der Osterei-suchenden Meute entwachsen sind, die am Ostersonntag mit Körbchen bewaffnet durch den Garten prescht, wird sich sicherlich die eine oder andere Leckerei am österlich gedeckten Frühstückstisch finden lassen.


Genießen wir die Feiertage, die erwachende Natur und freuen uns auf etwas mehr Licht und Wärme, die da kommen werden.


Frohe Ostern!

Donnerstag, 11. März 2021

Im Kindergarten

 Dieses Kapitel meiner Kindheit hatte ich doch fast vergessen: Der Kindergarten! Naja, Kunststück, war ich doch gerade mal ein Jahr dort.

Ich hatte als Kind der DDR das seltene Privileg, die ersten fünf Lebensjahre in der heimischen Obhut meiner Mutter zu verbringen. Sie war eine der wenigen Frauen, die ihr Berufsleben zu Gunsten der Kinder für einige Jahre auf Eis gelegt hatte, was im Arbeiter- und Bauernstaat mehr als ungewöhnlich war. Mir sollte es recht sein. 

Doch ein Jahr vor der Einschulung war es vorbei mit der Geborgenheit an Muttis Rockzipfel. Das Bildungswesen der Deutschen Demokratischen Republik hatte die kleine Christina nicht vergessen und beorderte sie zur Teilnahme am Vorschulkindergarten, verpflichtend.

So wurde ich feierlich im "Haus des Kindes" aufgenommen, meine pädagogischen Wegbegleiter hießen bezeichnenderweise Frau Berg und Frau T(h)al... Das erste Mal in meinem Leben war ich sozialen Zwängen ausgesetzt. Ich war in eine Gruppe von zirka zwanzig Altersgenossen geraten, wir lernten erste Ansätze von Wort und Schrift, malten und sangen, übten Tischmanieren und das wichtigste, unprätentiöser Teil einer sozialen (sozialistischen) Gesellschaft zu werden; daran arbeite ich noch heute... 



Bis auf die Spielzeiten im Außenbereich der alten Villa (hier gab es wunderschöne alte Puppenwagen zum Flanieren!), wurde ich kein großer Freund dieser Einrichtung. Alles, was es hier gab, hatte ich doch auch zu Hause, nur ruhiger. Und für den Gemeinschaftsgedanken war ich doch schon in der Kirche!!!

Einmal bin ich sogar tollkühn ausgebüchst! Wurde ich bis dato stets vor dem wenig kulinarischen Mittagessen von Mama abgeholt, hatte sie mich diesmal doch tatsächlich versetzt. Neben dem blöden Essen drohte der noch viel blödere Mittagsschlaf auf mit Gurten bespannten Liegen in Bodennähe, welche dicht an dicht im Raum aufgestellt wurden. Das war zuviel! Irgendwie hatte ich es geschafft, das sonst verschlossene Haus zu verlassen und trat wild entschlossen meinen Heimweg an. Weit bin ich nicht gekommen... 

Heute schaue ich versöhnlich auf diese Zeit zurück. Es war ein guter Grundstock für das, was danach folgen sollte: Ein Leben in der Gemeinschaft, Kultur und Freundschaften für's Leben. So habe ich hier unter anderen Liane kennengelernt, mit der ich noch viel erleben sollte; wir sind bis heute befreundet.