Sonntag, 8. März 2020

Internationaler Frauentag

Kaum ein Tag war den werktätigen Frauen der DDR so wichtig wie dieser: Der Internationale Frauentag! 


Anfangs als sozialistische Veranstaltung zur Ehrung bzw. Anerkennung von Leistung und Schaffenskraft der Frauen im Land begangen, wandelte sich die getragene Feierstunde im Laufe der Zeit in eine alljährlich stattfindende Sause, bei der sich die Frauen in den Betrieben und Kombinaten mal so richtig die Kante gaben (die meisten jedenfalls...).


Die Frauen wurden in eigens angemietete Lokalitäten oder den Veranstaltungssaal der Firma geladen, wo reich gedeckte und geschmückte Tische auf sie warteten. Nach der obligatorischen Beweihräucherung durch den Betriebsdirektor wurde dem leiblichen Wohl in Form von Kaffee, Kuchen, später warmer Küche und gaaanz viel Alkohol gefrönt. Wer noch in der Lage war, konnte natürlich auch tanzen. Die männlichen Kollegen mussten an diesem Tag den Part der Bedienung, des Chauffeurs und auch des Tanzpartners übernehmen... Die Armen...


Ich habe zu DDR-Zeiten nur an einer Frauentagsfeier teilgenommen; am 8. März 1989. Ich war Lehrling im Ingenieur-Hochbaukombinat, wo ich auf fundierter Grundlage der Planwirtschaft den Industriekaufmann, ...äh -frau, erlernen sollte.


An Arbeit war an diesem Tag (einem Mittwoch) nicht zu denken. Alle Frauen in den Abteilungen hatten sich mehr als schick gemacht, wuselten kiechernd und aufgescheucht durch die Büros, genehmigten sich schon mal vorab ein Schlückchen. (Ja, damals war Rauchen und ab und zu ein Gläschen edlen Tropfens kein Tabu in den beruflichen Wirkungsstätten!)


Der Feierabend wurde an diesem Tag früher eingeläutet, so dass ich mich alsbald im kombinatseigenen Bus wiederfand, der bis zum letzten Platz mit gackernden Hühnern besetzt, eine Gaststätte im ländlichen Umkreis ansteuerte. 


Der Ablauf dieser Veranstaltung ist mir dann nur noch bruchstückhaft in Erinnerung geblieben... Um in die ehrenwerte Gemeinschaft des Kollektives aufgenommen zu werden, musste ich mit sämtlichen Frauen (irgendwann kamen auch Männer dazu...) auf Du und Du anstoßen, zeigen, dass ich trinkfest wäre und überhaupt würdig dieser Gemeinschaft... Nun ja, trinkfest war ich nur bedingt...


Spät in der Nacht fuhr mich der bedauernswerte Busfahrer mit dem kombinatseigenen Gefährt als letzte Insassin nach Hause (irgendwie habe ich immer weit entfernt von Zuhause gearbeitet...). Mit erhobenem Haupt schaffte ich es gerade noch dem Bus zu entsteigen, um mich im heimischen Gefilde der Last des Alkoholes zu entledigen...

Wie schrieb mir eben erst Tante Monika zur Feier des Tages: “Oh, was haben wir schöne Feiern gehabt!“